Baacher Geschichten

Bei schönem Wetter nimmt Baach-Chronist und Dorfgemeinschaft-Mitglied Kurt Bihlmaier interessierte Nachbarn gerne mit auf seinen historischen Rundgang durch Baach. Als „Baacher Urgestein“ hat er unzählige Geschichten zu erzählen. Kurt Bihlmaier kennt hier buchstäblich jeden Stein und hat den Wandel in unserem Ort aufmerksam mitverfolgt. Für die Baacher Dorfgemeinschaft hat Kurt seinen Historischen Rundgang durch Baach digitalisiert.

Bitte den Mauszeiger über das Bild schieben, um den automatischen Bildwechsel anzuhalten!

Aus der Dorfgeschichte von Baach

Baach hat eine lange Vergangenheit. Ende der 1980er-Jahre hat Oskar Stahl die Entwicklung unseres Ortes sehr anschaulich zusammengefasst.

Unser Dorf lag früher völlig versteckt zwischen Obstbäumen im geschützten Tal eingeschlossen. Erst mit dem im Jahr 1842 erbauten Schulhaus trat Baach aus seinem natürlichen abgeschlossenen Raum heraus, In bewegten Zeiten mag unserem Dorf seine versteckte Lage oft zugutegekommen sein. 

Mitten durch den Ort fließt ein namenlos gebliebenes Bächlein. Es teilt den Ort in Oberweiler und Unterweiler. Seine Ufer zieren Erlen und Eschen und geben dem ganzen Tal ein lieblich anmutiges Gepräge. Vom Bächlein erhielt das Dorf auch vermutlich seinen Namen. Auf den Bach verweist auch unser Dorfwappen. Es zeigt im silbernen Schild eine runde, mit einem silbernen Pfahl belegte blaue Scheibe, wobei Blau den Bach versinnbildlichen soll, in den ein silberner Brückenpfeiler hineingestellt ist. 

Im Jahr 1957 hat unser Dorf seinen 600. Geburtstag gefeiert. Baach wird urkundlich erstmals 1357 als „Bach“ erwähnt. Wir dürfen aber mit Sicherheit annehmen, dass unser Ort schon viel früher entstanden ist. Nur selten wird „Bach“ im 15, und 16, Jahrhundert in den vorhandenen Urkunden genannt. 

Aus einem Pfandbrief des Jahres 1442 geht hervor, dass der vergnügungssüchtige Herzog Ulrich V. von Württemberg Schloss und Stadt Winnenden und den Ebersberg mit allem Zubehör um 12361 Gulden bis an ein Wiederruf an Hans von Yberg versetzte. In dieser Urkunde werden als Pfandschaften u.a. auch die „Höfe im Bach“ genannt. Die Verpfändung dauerte aber nicht lange und die genannten Orte kamen wieder an ihren rechtmäßigen Herrn zurück. 

Aus dem Jahr 1524 erfahren wir, dass die Kellerei Winnenden 4 Lehen in „Bach“ und den „Hof zum Pfeil“ besessen habe. Daneben hat die Komturei Winnenden des Deutschritterordens Rechte und Gefälle im „Bach“. Diese aber gingen am 29. Sept. 1665 z. Zt. des Deutschordens-Hoch- und Deutschmeisters Johann Kaspar von Ampringen an das Haus Württemberg über. 

Im Jahr 1534 ließ Herzog Ulrich von Württerrberg die Burg zu Bürg bis auf den 26 m hohen Turm abreißen, der bis zum Jahr 1971 je zur Hälfte den Gemeinden Baach und Bürg gehörte. Die mächtigen Buckelquader wurden nach Schorndorf gekarrt und dort für den Schloss- und Festungsbau verwendet. 

Aus dem Jahr 1559 liegt eine Aufstellung vor „der Höff und Dörffer in die Pfar zu Winiden gehörend“. Darunter sind neben Burk (Bürg) Ober- und Unterheffa auch Bach und der Pfeilhaff genannt. 

Böse und schwere Zeiten brachte unserem Dorf der 30-jährige Krieg. Die Einwohner verarmten völlig. Im Jahr 1626 schleppten feindliche Heerhaufen die Pest ein. Ihr fielen in Baach 26 Menschenleben zum Opfer. Damit ist aber noch nichts erzählt von den Drangsalen, welche die Bewohner unserer Gegend von einquartierten und plündernden Soldaten erdulden mussten. 

Hunger, Not und Elend suchten unser Dorf im gleichen Jahrhundert noch einmal heim. König Ludwig der XIV. schickte-seine Heere ins Land. Der Vogt von Winnenden berichtete an den Herzog von Württemberg, dass der von den Franzosenhaufen angerichtete Schaden für Baach 2000 Gulden betrage. 

Noch einmal brachten die Franzosen den Krieg ins Land. Das war 1707. Die Stadt Schorndorf war ihnen übergeben worden. Am Freitag vor Peter und Paul erschien das französische Heer vor Winnenden. Zum Glück verlangte der französische General nur den Durchmarsch. So kamen die Bewohner unserer Gegend noch einmal glimpflich davon.

Durch all die Leiden sind die Baacher wie alle Menschen im Land in Armut geraten, so dass der größte Teil von ihnen ein gar armseliges Leben führte. Steuern und Abgaben drückten sehr, denn die Herzöge von Württemberg brauchten viel Geld. Infolge von Missernten und überhandnehmen von Schädlingen wich die Not nur langsam aus dem Land.

Nach der Einführung der Schulpflicht mussten die Kinder aus Baach die Schule in Höfen besuchen. Erst im Jahr 1798 (135 Jahre nach Höfen!) erhielt Baach eine eigene Schule. Aber schon 1815 musste sie wieder geschlossen werden, weil der Weingärtner J. Bihlmaier mit dem Amt des Schulmeisters überfordert war. Im Jahr 1825 wurde die Schule in Baach wieder eröffnet. Der Unterricht fand in der Stube des Schulmeisters statt. Das waren, auf die Dauer gesehen, unhaltbare Zustände. So entschloss sich die Gemeinde im Jahr 1840 ein eigenes Schul- und Rathaus zu bauen. Ein enormes Unterfangen in jener Zeit, aus der der Chronist berichtet, dass die Schulden der Gemeinde größer waren als deren Vermögen. Als Bauplatz wählte man die Lehmgrube des Ortes. Die lag 150 m vor dem Dorf. 

Damit sprengte Baach seinen Ortskern und trat mit dem Neubau aus seiner versteckten Lage „im Deich“ heraus. Im Jahr 1842 konnte das Schul- und Rathaus eingeweiht werden. Die Baukosten betrugen 3578 Gulden 26 Kreuzer. Der damalige König „verwilligte allergnädigst“ 300 Gulden, zur Enttäuschung aller. Trotzdem war man stolz auf das gelungene Werk. 

Um die Jahrhundertwende 1799/1801 zwang Napoleon I. von Frankreich Europa den Krieg auf. Wieder waren die Franzosen im Land. Diesmal als Verbündete. Die Bauern mussten fouragieren* und waren oft Wochen vom Heimatort entfernt. Die französischen Fouragiere zogen manche Kuh und manches Schwein aus dem Stall. Gänse, Enten und Hühner waren vor den Zugriffen der fremden Soldaten nicht sicher. 

*Fourage (Verbform: fouragieren), auch Furage oder Fourragierung (frz. fourrage), ist eine veraltete militärische Bezeichnung für Pferdefutter: Hafer, Heu und Stroh; daher furagieren, Pferdefutter bzw. Verpflegung für die Truppe herbeischaffen. (Wikipedia)

Das 19. Jahrhundert brachte oft bedrängte Zeiten über die Bewohner unseres Dorfes. So wird immer wieder von Missernten berichtet. Vor allem die Weinberge wurden hart betroffen. Oft musste eine Menge ausgereutet werden. Die Einwohner unseres Dorfes waren seit eh und je Bauern bzw. Landwirte. Bedeutung hatte vor allem der Weinbau. Die Weinberge erstreckten sich bis ins Tal herab. Seit den schlechten Weinjahren in der 1. Hälfte des 19. Jahrhunderts ging der Weinbau immer mehr zurück. Im Obstbau sah man eine neue Chance. Überall wurden Obstbäume gepflanzt. So entstanden unsere Baumwiesen. Dadurch konnten die bäuerlichen Betriebe mehr Vieh halten und die Milcherzeugung beträchtlich steigern. 

Im Jahr 1744 zählte unser Dorf 161 Seelen, 1840 sind es 238, im Jahr 1865 noch 220 und 1880 nur noch 171. In der Heimat ist es vielen zu eng geworden. So suchte mancher aus unserem Dorf eine neue Wirkungsstätte in einem fernen Land. Ein kleiner Teil unserer Auswanderer zog 1830/31 nach Südrussland, Bessarabien und nach Haifa im Heiligen Land. Die meisten Auswanderer aber wählten die Vereinigten Staaten von Nordamerika als neue Heimat. 

Im Jahr 1911 baute unsere Gemeinde die Wasserleitung. Ein Jahr darauf erstellte sie zusammen mit Höfen eine Kirche. 1924 kam elektrisches Licht in den Ort. Die Finanzierung stellte die Gemeinde vor fast unlösbare Probleme, denn nirgends war Geld aufzutreiben nach der verheerenden Inflation. Die Hilfe kam aus Amerika. Der um 1880 ausgewanderte Friedrich Schwegler vom Pfeilhof übersandte seinem Heimatort ein Darlehen von 1000 Dollar. 

Die beiden großen Kriege forderten auch von unserem Dorf große Blutopfer. Nachdem im Mai 1939 in Baach 202 Einwohner gezählt wurden, ist die Einwohnerzahl durch den unglückseligen 2. Weltkrieg und seine furchtbaren Folgen rasch auf 350 angewachsen. Viele von Haus und Hof vertriebene Flüchtlinge aus den Ostblockländern fanden in unserem Dorf eine neue Heimat. 

Schmerzlich berührte alle der Wandel unseres Dorfes von der bäuerlichen Landgemeinde zur reinen Wohngemeinde. Milch- und Kühlhaus mussten geschlossen werden. Die Poststelle ging ein und der einzige Tante-Emma-Laden machte dicht.

Doch es gibt auch Positives zu berichten. Das alte Schul- und Rathaus wurde umgebaut und erhielt einen Glockenstuhl samt Glocke. Der Friedhof wurde erweitert. Eine Friedhofkapelle entstand. Der Wassermangel wurde durch den Bau eines Tiefbrunnens behoben. Der Ort wurde kanalisiert. Bauland wurde geschaffen durch eine Umlegung in den Schulhausäckern. Die Zufahrtstraße nach Baach und die Ortsstraßen wurden verbreitert und befestigt. 

1957 beging unser Dorf seinen 600. Geburtstag. Über 3 Tage erstreckten sich die Feierlichkeiten. Im Festzelt auf „Schäfers Wiese“ erlebte der von Herrn Stahl gedrehte Heimatfilm seine Uraufführung. Im Jahr 1963 konnten die Gemeinden Helfen und Baach ihr gemeinsam erbautes Schulhaus einweihen. Schon 6 Jahre später begann man mit dem Bau einer Sport- und Gemeindehalle. 

Am 1. Januar 1972 musste unsere Gemeinde im Zuge der großen Gemeindereform ihre Selbständigkeit aufgeben. Seitdem sind wir ein Stadtteil Winnendens. Niemand muss das bereuen. Die Stadt hat stets ein offenes Ohr für unsere Belange und ist in den vergangenen 16 Jahren ihren Verpflichtungen aus dem Eingemeindungsvertrag voll nachgekommen. So wurde die Sport- und Gemeindehalle fertiggestellt und in der Talaue ein Sportstadion geschaffen. Baach erhielt einen Kindergarten und einen Kinderspielplatz. Der Bach wurde innerhalb des Ortes reguliert und zum Teil überdolt. Die gesamte Wasserversorgung musste umgestellt werden, da das Wasser aus den vorhandenen Quellen und dem Tiefbrunnen den amtlichen Vorschriften nicht mehr entsprachen. Neues Bauland entstand am Baacher Berg und am Brunnbach.  

Der frühere Schulsaal im alten Schul- und Rathaus wurde in freiwilliger Eigenarbeit zu einem „Schmuckkästchen“ umgebaut. Hier finden Bastelabende statt, im Winterhalbjahr eine Nähschule und jeden Monat einmal der Baacher Seniorennachmittag.

In diesem Jahr steht die Erschließung und Bebauung des Gebietes zwischen Pfeilhofstraße und Brunnbächlein an. Der Ausbau wird sich wohl bis ins nächste Jahrhundert hinziehen. Dann wird Baach 800 bis 900 Einwohner zählen. Ein weiteres Wachstum wird dann wohl niemand mehr wünschen. 

Menü